Dagmar Rhodius schreibt über ihre Arbeit: “Papier interessiert mich als Stoff, als Material. Ich „treibe“ mit starkem Druck Graphit in die Poren des Papiers hinein, bis es sich dehnt und aufwirft. Die nicht mit Druck bearbeiteten Papierteile bleiben flach auf der Wand liegen. In sie sind die gewölbten Teile eingespannt wie in ein Gitter oder Netz. Einfallendes Licht löst die kompakten, schwarzen Flächen auf in amorphe, silbergraue Lichtflecke. Dieser „Offenheit“ steht eine präzise Formbehauptung entgegen. Form ist für mich immer statisch, Arretierung einer Bewegung, Gerinnung. Wichtig ist die Transparenz des Herstellungsprozesses. Jede Mystifizierung in diesem Bereich ist verlogen. Die Arbeit stimmt nur dann, wenn sie sehr direkt, einfach und klar ist.“
(Rolf Gunter) Dienst kommentiert: „Das Raumbestimmende des veranschaulichten, auch versinnlichten Procedere findet seine Entsprechung in der Verselbständigung der Zeichnung zum Flächenarrangement mit ihrer reliefartigen Betonung oder gar in der Verwandlung zum raumbeschreibenden Objekt – wie in der „Schlaufe“ von 1979, die in der Bewegung von mittlerer Druckspur des Bleistifts und der verschiedenen Ansichtsmöglichkeiten des bearbeiteten und nicht bearbeiteten Bütten sich ganz von der Zeichnung löst und zum Gegenstand gerät. Hier scheint die Grenze von Zeichnung zum Objekt überschritten.“
Man wird dies insofern relativieren müssen, als die Lichtreflexe den Objektcharakter lösen, gefährden.
Es handelt sich um „auf der Wand befestigte irreguläre Papierformen, die oft in positiven und negativen Segmenten in Relation zueinander stehen. Dabei wird einerseits eine mit Bleistift gezeichnete, schwarz schimmernde Binnenform aus dem eigentlichen Papierkörper ausgeklappt, so dass Negativ- und Positivformen ein neues Ensemble bilden und der Veränderungsvorgang genau einsehbar bleibt“ (Dienst). „Handelt es sich auch zunächst jeweils um Einzelstücke, so lassen sie sich dann doch auch als Element einer rhythmischen Raumgestaltung einsetzen und beliebig kombinieren“ (Morschel). „Bei anderen Folgen von Zeichnungen wiederum verändert sich die Position einer schraffierten Form auf dem nicht schraffierten Grund von Blatt zu Blatt nach einer genau festgelegten, nachvollziehbaren Regel – doch bleibt eine derartige, im Sinn der konkreten Kunst mathematische Kontrollierbarkeit eines formalen Ablaufs im Werk von Dagmar Rhodius wohl eher von beiläufiger Bedeutung“(Morschel).
Jürgen Morschel fasst das Problem so: “Zeichnung ist bei Dagmar Rhodius nicht Darstellung, sondern in unmittelbarem Sinn Veränderung, an die Stelle der auf Imagination gegründeten Darstellung von Körper und Raum auf der Papierfläche tritt die Verwandlung des Papiers selbst zur realen Körperlichkeit durch das Mittel der Zeichnung.“ Dagmar Rhodius' Arbeiten gewinnen die Form aus der Konsistenz des Materials im Verhältnis zur prägenden Kraft von außen. Konsequent bezieht sie den Titel „Impact marks“ (Aufprall prägt) auf Treibhölzer, die von der Kraft des Wassers und dem Aufprall der Steine an einer Staustufe rund oder spindelförmig geschliffen wurden. Dazu zitiert sie aus Michel Foucaults „Theatrum philosophicum“: „Das Ereignis – Verwundung, Sieg/Niederlage, Tod – ist immer Effekt; Produkt von Körpern, die aneinandergeraten, sich vermengen oder trennen; aber dieser Effekt ist selber niemals etwas Körperliches; er ist ungreifbar, unzulängliche Schlacht.... Das Ereignis rein denken heißt ihm seine Metaphysik geben.“
„Die Spur, die Spuren hinterlässt, verfolgt sie auch in ihren neuesten Werken. Eins davon heißt „Sporen“, das holländische Wort für Spuren, das aber gleichzeitig auch für das deutsche „Sporen geben“ steht.“ „Sehr persönlich wird Dagmar Rhodius' Hartnäckigkeit, wenn sie mit unzähligen gemalten Punkten auf einer Folie von den Spuren / Sporen ihres eigenen Lebens erzählt, von der alten Ratte, die sich in eine Fledermaus verwandeln wollte“ (Claudia Jaeckel).
In einem Environment hat Dagmar Rhodius rote Packpapierbahnen mit diesem Worte betippt, „daneben die Fotosequenz von Amsterdamer Häusern (nach Stadtplan ausgewiesen), die sich dem Ordnungszwang zum rechten Winkel verweigern und in verschiedenster Weise Unregelmäßigkeit und Leben in ein urbanes Raster bringen. In einem kleinen, weißen Porzellanobjekt.... sind all die Seherfahrungen noch einmal als Modellfall konzentriert.“
„Junge Kunst in der BRD“, Art International, Mai 1984
Dagmar Rhodius schreibt über ihre Arbeit: “Papier interessiert mich als Stoff, als Material. Ich „treibe“ mit starkem Druck Graphit in die Poren des Papiers hinein, bis es sich dehnt und aufwirft. Die nicht mit Druck bearbeiteten Papierteile bleiben flach auf der Wand liegen. In sie sind die gewölbten Teile eingespannt wie in ein Gitter oder Netz. Einfallendes Licht löst die kompakten, schwarzen Flächen auf in amorphe, silbergraue Lichtflecke. Dieser „Offenheit“ steht eine präzise Formbehauptung entgegen. Form ist für mich immer statisch, Arretierung einer Bewegung, Gerinnung. Wichtig ist die Transparenz des Herstellungsprozesses. Jede Mystifizierung in diesem Bereich ist verlogen. Die Arbeit stimmt nur dann, wenn sie sehr direkt, einfach und klar ist.“
(Rolf Gunter) Dienst kommentiert: „Das Raumbestimmende des veranschaulichten, auch versinnlichten Procedere findet seine Entsprechung in der Verselbständigung der Zeichnung zum Flächenarrangement mit ihrer reliefartigen Betonung oder gar in der Verwandlung zum raumbeschreibenden Objekt – wie in der „Schlaufe“ von 1979, die in der Bewegung von mittlerer Druckspur des Bleistifts und der verschiedenen Ansichtsmöglichkeiten des bearbeiteten und nicht bearbeiteten Bütten sich ganz von der Zeichnung löst und zum Gegenstand gerät. Hier scheint die Grenze von Zeichnung zum Objekt überschritten.“
Man wird dies insofern relativieren müssen, als die Lichtreflexe den Objektcharakter lösen, gefährden.
Es handelt sich um „auf der Wand befestigte irreguläre Papierformen, die oft in positiven und negativen Segmenten in Relation zueinander stehen. Dabei wird einerseits eine mit Bleistift gezeichnete, schwarz schimmernde Binnenform aus dem eigentlichen Papierkörper ausgeklappt, so dass Negativ- und Positivformen ein neues Ensemble bilden und der Veränderungsvorgang genau einsehbar bleibt“ (Dienst). „Handelt es sich auch zunächst jeweils um Einzelstücke, so lassen sie sich dann doch auch als Element einer rhythmischen Raumgestaltung einsetzen und beliebig kombinieren“ (Morschel). „Bei anderen Folgen von Zeichnungen wiederum verändert sich die Position einer schraffierten Form auf dem nicht schraffierten Grund von Blatt zu Blatt nach einer genau festgelegten, nachvollziehbaren Regel – doch bleibt eine derartige, im Sinn der konkreten Kunst mathematische Kontrollierbarkeit eines formalen Ablaufs im Werk von Dagmar Rhodius wohl eher von beiläufiger Bedeutung“(Morschel).
Jürgen Morschel fasst das Problem so: “Zeichnung ist bei Dagmar Rhodius nicht Darstellung, sondern in unmittelbarem Sinn Veränderung, an die Stelle der auf Imagination gegründeten Darstellung von Körper und Raum auf der Papierfläche tritt die Verwandlung des Papiers selbst zur realen Körperlichkeit durch das Mittel der Zeichnung.“ Dagmar Rhodius' Arbeiten gewinnen die Form aus der Konsistenz des Materials im Verhältnis zur prägenden Kraft von außen. Konsequent bezieht sie den Titel „Impact marks“ (Aufprall prägt) auf Treibhölzer, die von der Kraft des Wassers und dem Aufprall der Steine an einer Staustufe rund oder spindelförmig geschliffen wurden. Dazu zitiert sie aus Michel Foucaults „Theatrum philosophicum“: „Das Ereignis – Verwundung, Sieg/Niederlage, Tod – ist immer Effekt; Produkt von Körpern, die aneinandergeraten, sich vermengen oder trennen; aber dieser Effekt ist selber niemals etwas Körperliches; er ist ungreifbar, unzulängliche Schlacht.... Das Ereignis rein denken heißt ihm seine Metaphysik geben.“
„Die Spur, die Spuren hinterlässt, verfolgt sie auch in ihren neuesten Werken. Eins davon heißt „Sporen“, das holländische Wort für Spuren, das aber gleichzeitig auch für das deutsche „Sporen geben“ steht.“ „Sehr persönlich wird Dagmar Rhodius' Hartnäckigkeit, wenn sie mit unzähligen gemalten Punkten auf einer Folie von den Spuren / Sporen ihres eigenen Lebens erzählt, von der alten Ratte, die sich in eine Fledermaus verwandeln wollte“ (Claudia Jaeckel).
In einem Environment hat Dagmar Rhodius rote Packpapierbahnen mit diesem Worte betippt, „daneben die Fotosequenz von Amsterdamer Häusern (nach Stadtplan ausgewiesen), die sich dem Ordnungszwang zum rechten Winkel verweigern und in verschiedenster Weise Unregelmäßigkeit und Leben in ein urbanes Raster bringen. In einem kleinen, weißen Porzellanobjekt.... sind all die Seherfahrungen noch einmal als Modellfall konzentriert.“
„Junge Kunst in der BRD“, Art International, Mai 1984